Seit dem 19. Jahrhundert ist die Durchschnittstemperatur weltweit um 1,0 °C gestiegen. Zwischen 2030 und 2052 wird ein weiterer Anstieg um 1,5 °C erwartet. Als Folge der globalen Erwärmung nehmen heiße Tage und Hitzewellen zu, was das Risiko für Hitzestress bei Nutztieren deutlich erhöht. Hitzestress entsteht, wenn ein Tier nicht in der Lage ist, ausreichend Wärme abzugeben, um seine Körpertemperatur stabil zu halten. Er wird definiert als Summe interner und externer Faktoren, die zu einer Erhöhung der Körpertemperatur führen und eine physiologische Reaktion hervorrufen. Aufgrund ihrer hohen metabolischen Wärmeproduktion sind Milchkühe besonders anfällig für Hitzestress. Um die Auswirkungen abzumildern, reagieren sie automatisch mit einer Reihe physiologischer Anpassungen, um die innere Homöostase aufrechtzuerhalten. Dazu zählen erhöhte Cortisolwerte im Blut sowie Entzündungsreaktionen, die wiederum die Darmbarriere beeinträchtigen können. Typische Anzeichen sind das Aufsuchen von Schatten, erhöhter Wasserverbrauch, Speicheln, gesteigerte Atemfrequenz und eine erhöhte Körpertemperatur. Zudem zeigen Kühe unter Hitzestress eine geringere Trockenmasseaufnahme und Wiederkauaktivität. Dies führt zu einem niedrigeren Pansen-pH, veränderter Pansenfunktion und einem erhöhten Risiko für Azidose. Die Folgen sind reduzierte Milchleistung (inklusive Fettgehalt), geringere Trächtigkeitsraten, vermehrte Lahmheiten und Krankheiten – mit geschätzten jährlichen wirtschaftlichen Verlusten von rund 1,5 Milliarden US-Dollar allein in den USA.
Zur Linderung von Hitzestress sind verschiedene Maßnahmen nötig: Schattenplätze auf der Weide, optimierte Stallbelüftung sowie unbegrenzter Zugang zu sauberem Wasser. Der Einsatz von Sprühnebeln oder Duschen trägt ebenfalls zum Wohlbefinden der Tiere bei. Auf der ernährungsphysiologischen Ebene muss berücksichtigt werden, dass eine reduzierte Trockenmasseaufnahme auch zu einer geringeren Nährstoffzufuhr führt. Zudem sinkt die Effizienz der Nährstoffaufnahme. Nicht abgebautes Rohprotein im Pansen sollte optimiert werden. Gleichzeitig muss ein Gleichgewicht zwischen hoher Nährstoffdichte und ausreichendem Faser- sowie Energiegehalt gewahrt bleiben. Der Einsatz von Elektrolyten wird empfohlen, um die Blutpufferung zu stabilisieren. Darüber hinaus können Futtermittelzusatzstoffe Milchkühe in Hitzestressphasen gezielt unterstützen.
Eine standardisierte Mischung aus Isochinolin-Alkaloiden (IQs) hat bereits bei Broilern, Schweinen und Schafen unter Hitzestress positive Ergebnisse gezeigt. IQs sind bekannt für ihre nachgewiesene Wirkung auf Entzündungsprozesse und Stressbewältigung.
Zur Untersuchung der Effekte einer IQs-Supplementierung bei Milchkühen unter Sommerbedingungen wurde in Italien eine Feldstudie unter der Aufsicht der Universität Mailand durchgeführt. Die Studie begann im Juni und dauerte 13 Wochen. Insgesamt wurden 116 Mehrkalbskühe der Rasse Holstein-Friesisch eingeschlossen und in zwei Gruppen aufgeteilt (Kontrolle und IQs; n = 58), ausgeglichen nach Laktationsnummer, Laktationstagen und Milchleistung der vorigen Laktation. Der Temperature-Humidity-Index (THI) wurde täglich berechnet und zeigte für den Versuchszeitraum einen moderaten Hitzestress mit Werten zwischen 70 und 77. In der Behandlungsgruppe wurde Sangrovit® Feed mit 12 g pro Tier und Tag in die TMR eingemischt. Eine Routineanalyse der TMR (identisch in beiden Gruppen) ergab eine Kontamination mit DON, was auf eine Mykotoxinbelastung hinwies. Da Hitzestress die Darmbarriere schwächt, können Mykotoxine verstärkt ins Blut gelangen und zusätzliche Gesundheitsprobleme wie Lahmheiten, Mastitis und Fruchtbarkeitsstörungen verursachen.
Im Durchschnitt führte die IQs-Supplementierung zu einer signifikanten (p ≤ 0,05) Steigerung der Milchleistung um 2,8 % (Abbildung 1). Der Effekt wurde nach acht Wochen besonders deutlich. Unterschiede in Futteraufnahme und Körperkondition zwischen den Gruppen wurden nicht festgestellt, sodass sich in der IQs-Gruppe eine signifikant verbesserte Futtereffizienz zeigte (Abbildung 2). Auch dieser Effekt wurde nach acht Wochen stärker. Die Milchzusammensetzung unterschied sich nicht zwischen den Gruppen, jedoch zeigte sich ein Trend zu niedrigeren somatischen Zellzahlen bei den IQs-Tieren (-28 %, p = 0,06). Plasmacortisol wurde zu Beginn der Studie und nach 60 Tagen gemessen. Während zu Beginn keine Unterschiede festgestellt wurden, zeigte die IQs-Gruppe nach 60 Tagen signifikant niedrigere Cortisolwerte, was auf eine reduzierte Stressreaktion hinweist (Abbildung 3). Lahmheiten wurden in 24 % der Kühe der Kontrollgruppe beobachtet, jedoch nur in 10 % der IQs-Gruppe. Zudem war die Zahl der mit Antibiotika behandelten Lahmheiten in der IQs-Gruppe deutlich geringer (6,9 % vs. 0 %). Daraus ergab sich ein Return on Investment von 5,5 in der IQs-Gruppe. Für eine optimale Wirkung sollten IQs mindestens 6, besser 8 Wochen als Anpassungszeit erhalten.
Heiße Tage und Hitzewellen werden künftig häufiger auftreten und Hitzestress bei Milchkühen auslösen. Entsprechende Haltungs- und Fütterungsmaßnahmen sind daher unerlässlich, um das Wohlbefinden der Tiere zu sichern und Leistungseinbußen zu verhindern.
Die aktuellen Daten zeigen, dass IQs die Widerstandsfähigkeit von Milchkühen gegenüber hohen Umgebungstemperaturen in Kombination mit einer DON-kontaminierten TMR verbessern können. Damit tragen sie zu einem Konzept bei, das sowohl mehr Tierwohl als auch eine stabile Produktion ermöglicht.
Abbildung 1: Effekt von IQs auf die Milchleistung.
Abbildung 2: Effekt von IQs auf die Futtereffizienz.
Abbildung 3: Effekt von IQs auf die Cortisolwerte im Plasma.
Als Global Product Manager bei Phytobiotics ist Lucas Queiroz verantwortlich für die Vermarktung unsere Produkts Sangrovit®. Der Agronom, der an der Bundesuniversität von Goiás in Brasilien studiert hat, setzt sich leidenschaftlich für den Einsatz pflanzlicher Lösungen ein, um die Leistung von Nutztieren zu steigern, deren Ernährung zu verbessern sowie Nachhaltigkeit und das Tierwohl zu fördern.
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